Göttinger Arbeiterkultur von 1855–1945
Die Geschichte des Eisenbahnausbesserungswerks Göttingen ist so alt wie die Geschichte der Eisenbahnen selbst. Dieser wichtige Beitrag zur Arbeiterkultur beschäftigt sich jedoch weniger mit dem jahrelang nicht aus den Schlagzeilen gekommenen Kulturdenkmal, sondern mit den dort Beschäftigten des einst bedeutendsten Arbeitgebers der Stadt. Untersucht werden die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Eisenbahner im Spannungsfeld zwischen staatlicher Repression und arbeitstechnischen Hemmnissen einerseits sowie den eigenen Werten und politischen Forderungen andererseits. Das Göttinger Werk war nicht nur der größte, sondern in den Jahren der Weimarer Republik auch einer der gewerkschaftlich bestorganisierten Betriebe in Göttingen; einzelne Arbeiter spielten darüber hinaus in der Widerstandstätigkeit während des Faschismus eine herausragende Rolle.
In drei chronologischen Zeitabschnitten – nämlich von der Gründung bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, von 1918 bis zum Beginn der Nazi-Diktatur sowie von 1933 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs – werden die soziale Situation der Beschäftigten und ihre Auswirkung auf die Arbeiterkultur untersucht – bis hin zu ihrer Zerstörung unter Hitler. Jeweils wiederkehrende Aspekte (Veränderungen und Entwicklung des Werkes, Auswirkung auf die Arbeitsbedingungen, Wohnverhältnisse und soziale Lage etc.) ermöglichen interessante Vergleiche der behandelten Zeitabschnitte. Ergänzt wird die Studie durch fünf Interviews mit ehemaligen Beschäftigten – sowohl Arbeiter als auch Beamte, einige davon in seinerzeit wichtigen Funktionen – die neben Einblicken in die subjektive Seite des Arbeitsprozesses detaillierte Aspekte zur Göttinger Arbeiterkultur vermitteln.
Der Beitrag der Arbeiter des Ausbesserungswerks Göttingen zur lokalen Arbeiterkultur sowie die Breite und Vielfalt dieser Kultur sind in Darstellungen zur Göttinger Geschichte und Kultur noch kaum jemals gewürdigt worden.
Die diesem Buch zugrunde liegende Studie wurde mit dem Förderpreis des „Verkehrsforum Bahn e.V.“ ausgezeichnet.