Ethnographische Skizzen zum alltagskulturellen Umgang
Mit der Ernennung zum „Welterbe der Menschheit“ durch die UNESCO erlangen Objekte ihre Bedeutung nicht allein im lokalen Kontext, sondern befinden sich gleichsam von heute auf morgen im Fokus internationaler Beobachtung, die nicht nur Touristenströme, sondern auch Einmischungen durch Experten etwa des Denkmal- und Ensembleschutzes nach sich ziehen.
In diesem Band nehmen die Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen Perspektiven am Beispiel zweier niedersächsischer Kulturerbestätten – Hildesheim und Goslar – jene Akteure in den ethnographischen Blick, die tagtäglich und unmittelbar sowohl mit der Materialität eines solchen kulturellen Erbes als auch mit seiner symbolischen Dimension konfrontiert sind. Hildesheim besitzt mit dem Dom und der Michaeliskirche zwei bedeutsame kirchliche Orte innerhalb des Stadtgebiets, die gemeinsam den UNESCO-Titel erhalten haben; Goslar wurde mit seiner an Fachwerkgebäuden reichen Altstadt zusammen mit dem Bergwerk Rammelsberg als historisches Ensemble zum Welterbe deklariert.
Dem institutionellen Anspruch der UNESCO nach betrifft der Erhalt des Welterbes alle Menschen. Doch die Intentionen, die die UNESCO mit einer Deklarierung zum kulturellen Erbe verfolgt, müssen nicht zwangsläufig mit den Intentionen der lokalen Akteure übereinstimmen. Entscheidend ist, wie lokale Akteure dieses globale Konzept und den Bedeutungszuwachs, den kulturelle Relikte durch die internationale Auszeichnung erhalten, auf der lokalen Ebene adaptieren. Adaptieren sie es überhaupt?
Die vielfältigen empirischen Befunde dieses Bandes verdeutlichen, dass sich lokale Akteure das Prädikat Welterbe durchaus eigenwillig aneignen.